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© Theresa Clayton 2015

 

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ZAHNARZT

 

Ein Besuch beim Zahnarzt bringt für gewöhnlich lärmintensive Arbeiten im Kopf mit sich.

Ausser, man hat ein gutes Zahn-Gen.

Mein Zahn-Gen hat Macken, irgendwer hat bei dessen Zusammensetzung ein paar Zutaten vergessen.

Bei manchen Leuten sorgt das Zahn-Gen dafür, dass sie anständig lächeln, beißen und kauen können.

Bei mir ist das die Aufgabe des Zahnarztes und der Krankenversicherung. Als ich meinen ersten Zahnersatz bekam, beteiligte sich die Kasse noch mit 80% an den Kosten. Das hat sich grundlegend verändert, ausser man führt Bonusheftchen.

Ich führe keins – in meinem Geldbeutel sind alle Fächer verstopft von anderen Heftchen und Kärtchen.

Machen ausgefüllte Bonusheftchen den Kohl fett?

Fällt diese Maßnahme nicht eher unter Verantwortung verschieben und sich vor Kostenübernahmen drücken?

Liegen den Kassen nicht ohnehin alle Daten darüber vor, wer wann bei welchem Zahnarzt gewesen ist, die man mit einem Click auf der Computertastatur leicht abfragen könnte?

 

Zu meiner Kinderzeit bekam man mich nur in die Praxis, weil meine Angst vor dem Teppichklopfer, der mein Hinterteil bedrohte, größer war als die vor unserer Zahnärztin. Sie war keine von der zimperlichen Sorte und das Gebrüll, welches entweder von ihr, vom Patienten auf dem Behandlungsstuhl oder von beiden gleichzeitig aus ihren Praxisräumen schallte, ließ dem Tapfersten die Haare zu Berge stehen.

Inzwischen haben moderne Techniken und Feinwerkzeuge ihren Einzug in die Praxen gehalten. Und feinfühlige Zahnärzte. Mein Zahnarzt zum Beispiel kennt seine Pappenheimer und verhindert zu erwartende Schmerzen mittels einer schönen langen Spritze, die ein Betäubungsmittel enthält, welches einem das Gefühl beschert, mit einer überdimensionalen Gesichtshälfte, dicken Lippen und einem Aussehen wie Quasimodo aus dem Film „ Der Glöckner von Notre Dame“ gesegnet zu sein.

Aber wehtun tut nix und vorbeigehen tut’s auch wieder.

Alle Voraussetzungen wären also gegeben, sich entspannt zurückzulehnen und geduldig die Dinge, die getan werden müssen, über sich ergehen zu lassen.

Nicht bei mir.

Sobald es heißt „bitte Mund auf“, fällt meine komplette Muskulatur in die Zahnbehandlungsstarre.

Eiskalte Finger verkrampfen sich um das Taschentuch.

Die Rückenmuskulatur wird steinhart.

Ob meine Füße noch am Leben sind, ist nicht mehr herauszufinden.

Nur die Speicheldrüsen, sonst eher Schlafmützen, arbeiten, obwohl sie ausnahmsweise einmal nicht müßten, auf Hochtouren.

 

Bei der letzten Behandlung erinnerte ich mich an den Ratschlag, einen bestimmten Punkt in der Handfläche zu drücken, bis sich die Anspannung löst.

Nach gutem Zureden, das Taschentuch loszulassen, fanden meine Finger endlich diesen Punkt und drückten darauf herum.

Immerhin hat sich dabei eine Wirbelblockade gelöst, die mich seit ein paar Tagen geplagt hatte. Weil aber die Zahnbehandlung gerade in diesem Moment abgeschlossen war, kann ich Ihnen heute leider nicht erzählen, ob die ganze Drückerei noch irgend einen anderen Effekt gehabt hätte. Zu schade aber auch.

Vielleicht geh‘ ich noch mal hin.