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© Theresa Clayton 2015

 

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BEIM FRISEUR

 

Wie ist das eigentlich bei Ihnen, liebe Mitschwestern, wenn SIE zum Friseur gehen?

Ich habe in dieser Sache Probleme, die sich durch mein ganzes Leben ziehen. Zumindest, seit ich eigenständig entscheiden darf, ob und wann ich eine Änderung am Kopf brauche.

AM Kopf!!!

Es ist auch ganz egal, ich welcher Stadt ich wohne und zu welchem Friseur ich gehe. Wochenlang vorher habe ich schlaflose Nächte, weil die Zeit einer Veränderung immer näher rückt.

Der Grund: ich weiß nie, was der Friseur mit meinen Haaren machen soll. Die Antwort sieht jeden Tag anders aus und umfaßt zeitweilig die gesamte Palette des Friseurhandwerks.

 

Wenn mir meine Überlegerei zuviel wird, vereinbare ich kurzerhand einen Termin, der mir gerade noch soviel Zeit läßt, dass ich meine Schuhe anziehen kann.

Im Salon werde ich von einer netten, jungen (!) schlanken (!) gutaussehenden (!) Mitarbeiterin empfangen, die mir aus dem Mantel hilft (wozu? ich sehe noch nicht so tatterig aus, dass ich das nötig hätte!) und mich an den Platz führt, der für die nächsten Stunden mein Zuhause sein wird.

Die Friseusen haben immer schicke Frisuren. Raffiniert geflochten oder zusammengesteckt.

Die haben aber auch keine zwei linken Hände.

 

Nach langen Beratungen sagt mir meine Friseuse, was ich gerne möchte, und wir sind beide einverstanden.

Lange Haare waren schon immer mein Traum.

Als ich noch lange Haare hatte, waren kurze Haare mein Traum.

Einmal abgeschnitten, habe ich es nie mehr über eine bestimmte Länge hinaus geschafft. Spätestens im Sommer beginnt mich das Gezottel zu stören – weg damit. Oder ich habe mich entschlossen, ausschließlich die Haarspitzen maximal einen Millimeter schneiden zu lassen und gerate an eine Friseuse, die gerade einen scherenschneidenden Tobsuchtsanfall hat – aus der Traum von langen Haaren.

 

Während ich vor dem Spiegel sitze und warte, bis es losgeht, fällt mir allerhand auf, was ich zu Hause nicht so sehe. Zum Beispiel könnte Augenbrauen zupfen regelmäßiger auf dem Stundenplan stehen.

Oder: in meinem Spiegel haben meine Haare nicht so strubbeling ausgesehen, wie dieser hier mir einreden will. Von den neuen Falten will ich gar nicht erst reden.

Und dann: dass ich mal in die Sonnen sollte, so käsig, wie ich aussehe.

Das liegt aber sicher an der Beleuchtung.
Überhaupt diese Beleuchtung in den Salons. Die mag ja gut sein um zu arbeiten, meinem Selbstwertgefühl hilft sie jedenfalls nicht auf die Beine.

Kann man sich da nicht mal etwas ausdenken? Schönes, weiches Kerzenlicht zum Beispiel? Gibt’s auch schon als Glühbirne, die brennt sogar weiter, wenn man mal aus Versehen mit dem Föhn in die falsche Richtung pustet.

Und dann diese Spiegel.

Ich persönlich bin ja davon überzeugt, dass Friseurspiegel keinem Lügendetektor standhalten würden. Man sieht darin nämlich nicht aus wie Schneewittchen, das hinter den sieben Bergen gelandet ist…!

Was einen daraus anschaut mit nassen Haaren, oder mit Dauerwellenwicklern und dicken Wattestreifen um den Kopf herum, oder mit in Alufolie eingeschlagene Haarsträhnen, würde Liebling wahrscheinlich schon reichen, um sich sofort beim Scheidungsanwalt einen Termin zu holen, sähe er mich in dieser Aufmachung. Jeder Friseur sollte sich Gedanken machen, ob er diese Verantwortung wirklich übernehmen will.

Und schon wären wir beim nächsten Problem:

Die Männer!

Früher ging es links in den Herrensalon und rechts in den Damensalon.

Die Räume waren durch dicke Mauern und einen Flur getrennt.

WER hat veranlaßt, dass man das ändert?!

WIESO müssen Männer und Frauen jetzt im gleichen Raum sitzen?!

Da gehen einem ja alle zwischenmenschlichen Geheimnisse flöten.

Ein Besuch beim Friseur ist eine intime Angelegenheit.

Ich würde gerne ohne männliche Zuschauer aus dem Koma erwachen, in welches mich der Anblick aus dem Spiegel geschmissen hat.

 

Wenn Ihnen die hier beschriebenen Probleme bekannt vorkommen, sollten wir dann nicht, aus reinem Selbsterhaltungstrieb, vielleicht doch mal über die Gründung einer Selbsthilfegruppe nachdenken?