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© Theresa Clayton 2015

 

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VON HOLZMOLLEN, BÄRENPRATZEN UND NASCHKATZEN

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich nehme zum Backen lieber eine der riesigen alten Emailleschüsseln mit blauem Rand. Hefeteig kann darin aufgehen soviel er will, ohne dass er sich irgendwann über den Rand hängt.

Außerdem ist sie leicht zu reinigen.

 

Ganz früher habe ich Kuchenteig auf meinem geerbten Backbrett geknetet.

Geerbt habe ich auch die Kratzer und Dellen im Brett, in denen der Teig kleben blieb. Weil ich, wenn es ans Backbrett reinigen geht, eine faule Hausfrau bin, hing es unbeachtet an einem Haken hinter der Kellertür und kam nur zum Einsatz, wenn ich Weihnachtsplätzchen backen wollte.

Plätzchenteig muss man ausrollen.

Dazu braucht man ein Backbrett.

Und das hatte nun all diese Arbeitsspuren mit ihren kleinen Geschichten.

Die von den Förmchen der Bärenpratzen zum Beispiel.

Bärzenpratzen waren unser bevorzugtes Weihnachtsgebäck.

Mutters jährliche Versuche, uns eine Weihnachtszeit ohne Bärenpratzen schmackhaft zu machen, scheiterten kläglich.

So kam es, dass es in dieser Zeit in unserer Küche mitunter hoch herging, denn, egal wieviel Fett in die Förmchen geschmiert wurde, ob mit oder ohne Semmelbrösel, das Gebäck blieb drinnen kleben.

Unsere anfänglichen Lach- und Mutters späteren Wutanfälle, die sich nach vielen Versuchen, das Gebäck aus den Formen zu bekommen, unweigerlich einstellten, waren tief im Holz eingekerbt.

Vor einiger Zeit fand ich einen sensiblen Schreiner im Nachbardorf. Er hat das alte Brett wieder geglättet ohne die Bärenpratzenförmchenspuren gänzlich verschwinden zu lassen.

Ich kann also meiner Weihnachtsbäckerei nachgehen, dabei alter Zeiten gedenken, ohne mich bei der anschließenden Reinigung des Brettes abmühen zu müssen.

 

Jetzt muss ich bloß aufpassen, dass Liebling sich nur dann in der Küche aufhält, wenn sich die Plätzchen noch im Rohzustand befinden.

Kopfschüttelnd über die viele „unnötige Arbeit“, die seine Frau sich macht, wo man doch auf dem Weihnachtsmarkt alles fertig kaufen kann, stand er in der Vergangenheit trotzdem immer bei Fuß „zum Helfen“, wenn die fertigen Gebäckstückchen aus dem Ofen kamen. Er durfte dekorieren und nur die zerbrochenen gleich essen.

So war es ausgemacht.

Als ich ihn erwischte, wie er die heil gebliebenen heimlich zerbrach, mir diese als mißraten vorstellte und sofort aufaß, habe ich ihn aus der Küche gescheucht.

Bärenpratzen backe ich allerdings keine. Die Förmchen sind vor längerer Zeit in den Besitz meines Cousins übergegangen. Möchte wissen, ob der sie besser herauskriegt als wir, diese angeklebten Dinger.

 

 

Meine Großmutter hat ihren Hefeteig und noch so einiges andere in einer Holzmolle, einem Trog aus Pappelholz geschnitzt, durchgewalkt.

Betten wurden da, wo ich herkomme, auch als Molle bezeichnet.

Wenn es Zeit zum Schlafen gehen war, hieß es: „Ab in die Molle!“ und jeder wußte Bescheid.

Leider hat der Holzwurm Löcher in die Molle unserer Großmutter gefressen.
Deshalb steht sie nur noch als Deko herum.