VON BABYS, WECHSELJAHREN UND ZAHNSPANGEN
Ein „Quicky“ mit der Nachbarin am späteren Vormittag ist dringend angeraten. Für viel mehr ist um diese Uhrzeit kein Raum.
Die Nachbarin öffnet die Tür mit Gummihandschuhen an den Händen.
Ihr Bad ist gerade eine Baustelle.
Sie muß Ihrem Göttergatten handlangern, weil sie dessen Knowhow braucht, um ein neues Waschbecken zu montieren und die passenden Schubladen für unten drunter zusammenzubauen.
Frauen brauchen gelegentlich eine Tratsch-Pause, jetzt ist die Zeit dafür reif.
Männer dürfen derweil weiterarbeiten.
Die eine Nachbarin (ich) ist gerade Oma geworden, die andere wird es in ein paar Wochen.
Wichtige Themen stehen also an zur Diskussion.
Zum Beispiel darüber, daß man das Kind schon in 3-D gesehen hat, während es noch gemütlich bei der Mama im Bauch paddelt.
Und dass man schon seit Monaten weiß, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird. Und wie das Kind heißen soll, steht auch schon lange fest.
Früher hat man ja ziemlich im Trüben gefischt.
Sämtliche Überraschungen kamen auf einen Haufen, wenn das Kind endlich mal das Licht der Welt erblickt hat.
Was aktuell eine echte Überraschung ist, ist die Tatsache, dass die künftige Oma mit einer Zahnspange herumrennt und bei den Zischlauten schon mal Probleme mit der Aussprache bekommt.
Lachsalven darüber treiben uns die Tränen in die Augen.
Als wir jetzigen Großmütter unsere Kinder bekommen haben, waren wir, wenn man heute so zurück denkt, noch ein bißchen grün hinter den Ohren.
Die damaligen Großmütter waren bei der Ankunft ihres ersten Enkelkindes noch nicht so reif an Jahren, wie wir es heute sind, hatten aber nicht selten schon ein (herausnehmbares) Gebiß.
Zeiten ändern sich, nun rennen die Omas also mit Zahnspangen herum, und die frischgebackenen Mütter sind nicht weit entfernt von ihren Wechseljahren.
Männer bilden sich ja ein, sie hätten auch Wechseljahre.
Bei denen hieße das Midlifecrisis, unter der sie fürchterlich leiden würden.
Ich glaube, die haben sie selber erfunden, damit sie auch etwas haben, über das sie jammern und sich bemitleiden lassen können.
Möchte nicht wissen, was in einer Familie los ist, wenn Vater, Mutter und Kind von Pubertät, Wechseljahre und Midlifecrisis gleichzeitig heimgesucht werden. Und Oma ihre Zahnspange verbogen hat.
Da treibt es einem dann vermutlich auch die Tränen in die Augen.