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© Theresa Clayton 2015

 

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5 Uhr 22

 

Unser Telefon klingelt!

Es quält mich aus dem Tiefschlaf heraus.

Ich versuche, das Klingeln zu ignorieren und weiterzuschlafen.

„Wer um diese Zeit anruft, der kann mir mal im Mondschein begegenen!“

Mein Denkapparat tut aber nicht mit.

Der traktiert mich, bis ich richtig wach bin.

Und richtig sauer.

 

Draußen ist es noch ziemlich dunkel.

Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, es ist Fünfuhrzweiundzwanzig nach dieser elenden politisch verordneten Sommerzeit, die mich jedes Frühjahr auf’s neue aufregt!

Im richtigen Leben ist es vieruhrzweiundzwanzig.

„Keine Zeit, um andere Menschen zu belästigen!“ maule ich und versuche, mein Herz, das auf diesen nächtlichen Anruf erschreckt reagiert, wieder auf einen normalen Rhythmus herunterzufahren.

Ich stehe auf, koche mir einen Kaffee - was kontraproduktiv ist, weil man nach dessen Genuß garantiert nicht wieder einschlafen kann, sollte man es je versuchen - und überprüfe die Nummer aus der Anruferliste.

Keiner der Unsrigen, der um Hilfe ruft, Gott sei Dank!

Im Internet berichten Leidensgenossen, die auch von dieser Nummer aus angerufen wurden: „Anrufe erfolgen immer zu nächtlichen Zeiten, der Anrufer meldet sich nicht.“

 

Was also soll das?

 

In Sachen Telefon muß man sich heute allerhand Belästigungen gefallen lassen, ohne sich dagegen wehren zu können.

Zu Zeiten des Telefons mit runder Wählscheibe gab es – das war ein ungeschriebenes Gesetz - bestimmte Zeiten, in denen man sich nicht ohne Not in das Privatleben anderer Menschen hineindrängelte. Weder telefonisch noch sonst irgendwie.

Die Einhaltung solcher Regeln gehörten sowohl zum Anstand als auch zum Respekt vor der Privatsphäre der Mitmenschen.

Im Gegensatz dazu wird heute erwartet, dass jeder immer und zu jeder Zeit belaberbar zu sein hat.

 

Was ist so wichtig geworden in unserer Welt?

Sich fragwürdigen telefonischen „Umfragen“ zu stellen?

Sich – höflichkeitshalber - irgendwelche Echtzeit-Fotos auf anderer Leute Smartphones anzuschauen (Familie ausgenommen)? Ach, wie nett!“ „Ach, wie niedlich!“ „Ach, wie schön!“

Unterwegs ständig seinen SMS- oder Mail-Eingang zu kontrollieren und ihn womöglich mit anderen zu teilen, die dieser Schriftverkehr nichts angeht?

Sich anzuschauen, ob es draußen gleich regnet oder gerade die Sonne scheint, was von diversen Onlineportalen angeboten wird - als hätte man selber keine Augen im Kopf?

Überall Menschen zu begegnen - festgezurrt in der moderne Körperhaltung „Kopf nach unten“?

Sich belehren zu lassen, man sei weder mit seiner angeblich vorsintflutlichen Kommunikationsausstattung noch mit seinen diesbezüglichen Ansichten „up to date“?

Oder sich für nichts um fünfuhrzweiundzwanzig aus dem Schlaf reißen zu lassen!!??

Brauche ich nicht in meinem Leben!

Mir geht’s ohne all das auch ganz gut.

Noch besser ginge es mir, wenn mich andere Leute, die mir ungefragt ihre diesbezüglichen Errungenschaften und Weisheiten auf die Nase binden wollen, damit endlich mal verschonen würden.