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© Theresa Clayton 2015

 

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KLEE IM RASEN

 

Ich sehe die Nachbarin im Garten.

In einer merkwürdigen Haltung.

„Was machst Du da?“ frage ich über die Hecke.

„Ich meditiere!“ antwortet sie.

Im Blumenbeet? Mit dem Kopf zwischen den Knien?

 

Meine Nachbarin ist eine, die normalerweise mit beiden Beinen im Leben steht, deshalb mache ich mir Sorgen, gehe um die Hecke herum und schau nach ihr.

 

Sie hat den Kopf nicht zwischen den Knien.

Auch nicht im Blumenbeet.

Sie sitzt mit rundem Rücken auf einer Minifußbank, die gerade für einen Kinderpopo ausreichen würde, gräbt mit einer kleinen Schaufel Rasenstücke heraus und fummelt drin ‘rum.

Sie hätte zu viel Klee zwischen dem Gras, so dass sie nicht mehr barfuß durch den Garten laufen könne wegen der Viecher, die da drin sitzen würden. Ihr Schwager hätte gesagt, dass man den Klee nur loswerden würde, indem man Wurzel für Wurzel herauszupft.

Das macht sie jetzt – Kleewurzeln zupfeln. Drüber mähen tät nichts helfen, dann würde der Klee bloß noch mehr wachsen.

 

Die Nachbarin hat einen großen Garten.

Größer als unserer.

Mit viel Rasen, weil ihr lieber Mann nicht dauernd um die Beete herummähen will mit dem Rasenmäher. Männer sind so, die wollen immer alles quadratisch-praktisch. Naja, die meisten wenigstens.

 

Wenn sie den Klee einzeln herauszupfeln will, hat sie für die nächsten Jahre zu tun. Nix mehr mit nachmittags mal zusammen einen Kaffee trinken und über die neuesten Enkel oder andere Wichtigkeiten zu quatschen.

Mal ganz abgesehen davon, dass sie wieder von vorne anfangen kann, wenn sie hinten fertig ist - Klee ist eine Pest wie Giersch.

Giersch kann man wenigstens essen.

 

Gott sei Dank haben wir keinen Klee im Rasen.

Erstens haben wir sowieso keinen Rasen, bloß eine Wiese.

Dort wachsen vielen verschiedene Wiesenpflanzen.

Das sieht hübsch aus.

Und zweitens darf dort alles wachsen, was Lust dazu hat.

Inzwischen.

Früher habe ich schon öfter mal „Mordio“ geschrien,

wenn Liebling den Rasenmäher über Wiesenschaumkraut

oder über die Margeriten oder den Gänseblümchenteppich geschoben hat.

Das macht er jetzt nicht mehr.

 

Ich hoffe, der Klee bleibt auf Nachbars Grundstück und wandert nicht womöglich noch zu uns herüber.

Ich tät den jedenfalls nicht einzeln herausfriemeln.

Und Liebling sowieso nicht.