T
H
E
R
E
S
A

C
L
A
Y
T
O
N
© Theresa Clayton 2015

 

Impressum

Datenschutz

BUSCHBEWOHNER

 

Bis jetzt war eigentlich alles friedlich bei uns.
Bis Liebling die verblühten Kletterrosen abschneiden wollte, damit sie wieder neu austreiben und die Hauswand verzieren.

Kunstvoll eingebaut hing mittendrin, schön versteckt und auf den ersten Blick nicht sichtbar, ein Wespennest – fast so groß wie ein Fußball.

Die schwarz-gelb gestreifte Türsteherin hat sofort Alarm geschlagen und dem Störenfried gezeigt, wo der Bartel den Most holt.

Ein paar Tage lang ist Liebling mit einer leicht angeschwollenen Backe herumgelaufen.

Das Thema Rosen schneiden war vom Tisch.

 

Sie wissen, was los ist, wenn ein Mann ein Wehwehchen hat?

Die Welt hört sofort auf sich zu drehen.

Desinfektionssalben, Spitzwegerich, Essig, Wattebäuschchen, Blutdruckmeßgerät, Klinikkoffer mit Zahnputzzeug und Schlafanzug sowie die Telefonnummer vom Notarzt hatten ab sofort griffbereit zu liegen, obwohl weit und breit von einer Wespenallergie nichts zu sehen war.

 

Wegen mir hätten die ja da hockenbleiben können in ihrem Fußball, die Wespen.

Allerdings hatte ich an spätsommerliche Pflaumenkuchenorgien im Garten zu denken und an Nachbars neues Baby. Deswegen und wegen der Tatsache, daß fleißige Handwerker, die neben dem Rosenbusch zu tun hatten, auch schon unliebsame Erfahrungen mit unseren Buschbewohnern gemacht hatten, hielt ich es für ratsam, mich um die fachgerechte Entfernung des Wespennestes zu kümmern.

„Haarspray rein und fertig!“ war eine von allerlei Empfehlungen aus dem nachbarlichen Umfeld, die ich lieber ignoriert habe.

 

Einen Fachmann zu finden, der ein Wespenvolk ordnungsgemäß umsiedelt, ist eine Aufgabe, der müssen sie gewachsen sein.
In den folgenden Tagen gab es bei uns kein Mittagessen, der Staubsauger blieb in der Ecke, und Wäsche bügeln kann ich sowieso nicht leiden.
Statt dessen habe ich mich von Pontius zu Pilatus durchtelefoniert, bis ich endlich jemand gefunden habe, der sich auskennt.

In Marsmännchenkluft und mit diversen Gerätschaften im Schlepptau kam er mit seiner Gehilfin angerückt.

Liebling hat sich aus dem Staub gemacht und ist vorsichtshalber für eine Weile nach England ausgewandert – ein Wespenstich hat ihm gereicht.

Dabei war am Ende alles gar nicht so schlimm.

Im Handumdrehen war der ganze gestreifte Clan aus dem Nest abgesaugt und in einer Holzkiste zwischengelagert. Das Nest wurde aus dem Rosenbusch herausgeschnitten, und dann ging der Umzug los in eine wespenfreundlichere Gegend.
 

Übrig geblieben sind ein paar Angehörige, die auf Achse waren als der Umzug losging, und die nun nicht wissen, wo der Rest der Familie abgeblieben ist.

Sie kurven obdach- und heimatlos herum und müssen sich ein bißchen durchfragen zu ihrem neuen Zuhause.

Am Ende der ganzen Aktion erfahre ich, daß meinen Buschwespen zu der Sorte gehören, bei denen Pflaumenkuchen und andere Süßigkeiten überhaupt nicht auf dem Speisezettel stehen.

Die Biester, die so etwas mögen, schwirren immer noch im Garten herum!