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© Theresa Clayton 2015

 

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EISBLUMEN

 

Wenn Sie in unserem Städtchen vergeblich nach Kerzen Ausschau halten sollten, liegt das nicht daran, daß die Kerzenindustrie pleite ist.

Liebling hat zum Gegenangriff geblasen.

Dazu brauchten wir Kerzen.

Wir haben nämlich unsere Stromabrechnung bekommen.

 

Die Strompreise klettern höher und höher. Deshalb bleiben in Zukunft die Lichter aus. Und der Herd auch!sagte er, knipste sämtliche Lampen aus und stellte den Speiseplan um.

Auf Salate, wenn Sie es genau wissen wollen.

Dazu braucht man weder Herd noch Strom.
Der Zeiger unserer Personenwaage ging in der Folge immer weiter nach links.

Ziemlich langsam fand ich, jedenfalls ging er immer schneller nach rechts.

 

Um den heimatlichen Gaslieferanten auch gleich eins auszuwischen, hat er beschlossen die Zentralheizung auszuschalten.

Mitten im Winter.

Früher hätte man schließlich auch keine gehabt, die Kinder seien trotzdem groß geworden.

 

Bevor unsere Zimmerpflanzen erfrieren konnten, habe ich Liebling im Januar zum Testwohnen verdonnert in Großmutters Häuschen, oben im Norden, wo der Wind ordentlich in den Schornstein hinein pfeift.

Ich bin auch mit.

 

Großmutters Häuschen ist über 120 Jahre alt und noch ziemlich im Originalzustand, müssen Sie wissen.

Von Isolierung keine Rede.

Nur mit einem einzigen Holzofen bestückt, der in der Küche steht, dient es als Gästehaus für die Familie.

Die kommt nur im Sommer.

Inzwischen weiß ich, warum.

Warm wird‘s einem im Winter dort nur beim Holz hacken und Kohlen schleppen.

Wir haben die meiste Zeit vor dem Küchenofen verbracht, vorne gar, hinten gefroren oder andersrum.

Die in einem Riesenkarton mitgebrachten Kerzen, in jedem Zimmer als zusätzliche Heizquelle aufgestellt, nahmen in der Zeit unseres dortigen Aufenthaltes drastisch ab.
Nachdem wir ein paar Abende „mit den Hühnern“ ins klamme Bett gekrochen sind, die Erinnerung zurückkam, wie Eisblumen an den Fenstern und Frostbeulen an den Füßen aussehen, sind wir auf kürzestem Weg in unser hiesiges Zuhause zurückgekehrt.

In unserem Städtchen pfeift der Wind auch ganz schön. Liebling findet, das hört sich gemütlich an, vor allem, wenn man im Haus sitzt, das rundum gleichmäßig warm temperiert ist.

Ich habe ja den Verdacht, daß er die ganze Aktion bloß angeleiert hat, weil er ein Kerzenfan ist und ich schon mal mecker über dieses andauernde Schummerlicht von September an durch den ganzen Winter. Man wird reine blöde.

Außerdem, wer keine anständigen Polster auf den Rippen hat, weil er keine Spätzle mehr essen darf, weil der Herd aus ist, kann sowieso nicht richtig nachdenken über private Strategien gegen zu hohe Gas- und Strompreise.

 

Nachdem wir beschlossen hatten, die Ausarbeitung einer effizienten Streikaktion in die wärmere Jahreszeit zu verlegen, flatterte uns ein Brief vom Gaswerk ins Haus und kündigte eine Preissenkung zum 01. April an.

Wahrscheinlich haben die diese Geschichte in meinem Computer ausspioniert.