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© Theresa Clayton 2015

 

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FLIEGENDES TELEFON

 

Wohl, damit sie sich nicht verlieren, klammerte sich das junge Elternpaar in der Fußgängerzone jeweils mit einer Hand am Kinderwagen mit schreiendem Inhalt fest.

Mit der anderen Hand hielt jeder ein mobiles Telefon am Ohr und diskutierte heftig und intensiv hinein.

Wer die Gesprächspartner waren, habe ich nicht mitbekommen.

 

Ich will ja nicht lügen, aber es steht doch zu befürchten, daß der Vater des schreienden Bündels mit dessen Mutter neben sich die Frage erörtert hat, warum ihr Nachwuchs im Kinderwagen eigentlich so schreit.

Das mobile Telefon gestattet, daß man diese und viele andere Fragen in aller Öffentlichkeit diskutieren und andere Menschen an seinen Gesprächen teilhaben lassen kann.

Dafür hat man es schließlich erfunden.

 

Ich finde ja, der Erfinder hätte ein bißchen länger tüfteln und das Gerät dann mit einer Dunstkreissperre versehen sollen, die sämtliche Kontakte umgehend unterbricht, wenn fremde Menschen in die Nähe des Telefonierers kommen und Gefahr laufen, seine Gespräche mithören zu müssen.

Das hat er verschlafen, der Erfinder.

Jetzt geben sich Hinz und Kunz der Telefonitis hin, wann und wo ihnen gerade danach ist.

 

Weil man mit dem Mobiltelefon inzwischen auch andere Sachen tun kann als telefonieren, macht sich eine neue Form der Sucht breit, die Handy-Quassel-und-Spielsucht.

Sie sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden, denn Handyspieler setzen sich großen Gefahren aus.

Während ihrer Spielereien blenden sie nämlich ihre Umwelt komplett aus und passen auf überhaupt nichts mehr auf.

In einem Londoner Stadtteil sollen sogar Straßenlampen mit dicken Polstern umwickelt werden, weil sie dauernd von Handyspielern angerempelt werden.

Man befürchtet dort, daß die Lampen kaputt gehen durch die ewige Gegenanrennerei.

Wie muß denn ein Handy-Hirny beschaffen sein, um gegen Straßenlampen zu rennen?

 

Weil diese Leute auch handyspielend Auto fahren und über Straßen laufen, ohne vorher nach links und rechts zu schauen, wie sie das schon im Kindergarten gelernt haben, wird man Autos bestimmt auch bald mit Polsterkissen umwickeln.

Es ist zu empfehlen, daß der handylose Mensch sich dieser Vorsichtsmaßnahme anschließt, bevor er aus dem Haus geht.

 

Mobile Telefone haben sich, dank vieler ihrer rücksichtslosen Besitzer, zu einer Landplage entwickelt, der man nirgends entkommen kann.

Nun fliegen sie auch noch ihrer Karriere als Luftplage entgegen.

Wie man hört, haben Vögel diverse Handyklingeltöne abgekupfert und ihr eigenes Trillerprogramm damit erweitert.

Selbst diverse Fluggesellschaften sind eingeknickt und erlauben neuerdings das Benutzen des Mobiltelefons während des Fluges.

Die letzte Bastion ist geknackt – grenzenloses Geklingel, Gepiepe, Gegröhle und Gequassel unter und über den Wolken.

Mir kommt das alles ziemlich verstrahlt vor, auch wenn diverse Untersuchungen behaupten, die Dinger würden überhaupt nicht strahlen.