Wir sind ein binationaler Haushalt.
Bei dessen Gründung haben wir zwei Fähnchen bekommen, ein englisches und ein deutsches, damit wir nicht vergessen, woher wir kommen.
Liebling hat sie vor der WM an die Gartenschaukel genagelt.
Dort flattern sie fröhlich im Wind.
Trotz unterschiedlicher Herkunftsländer geht bei uns das binationale Miteinander relativ reibungslos über die Bühne.
Ausser, wenn es um Fußball geht.
Liebling versucht, mir grundlegende Regeln beizubringen, damit ich bei Fernsehübertragungen diverser Spiele, bei denen ich ihm Gesellschaft leisten muss, weil er auch Publikum braucht, eine Ahnung habe.
Bisher hatte ich Fußballer eher nach ihrem Aussehen beurteilt, einige sind ja ziemlich knackig. Da kann es einem schon sauer aufstoßen, dass sie eigentlich vom Alter her die eigenen Enkelkinder sein könnten.
Liebling beurteilt die Spieler nach anderen, messerscharfen Kriterien, und die soll ich also lernen.
Neuerdings hat er sich auf die Schiedsrichter eingeschossen.
Die machen fast alles verkehrt.
„Der hat gaaar nix gemacht!“ schreit Liebling und klatscht sich mit der flachen Hand an die Stirn, als der Schiri auf den Elfmeterpunkt zeigt.
„Genau!“, schrei ich genauso laut zurück, „der Kerl hat bloß sein Bein stehen gelassen, statt damit abzuhau’n, bloß damit der andere drüberfliegt! Sowas macht man nicht! Schon gar nicht im 16-Meter-Raum!“.
Ich bin eine gute Schülerin.
Unfähige Schiedsrichter und eine Ehefrau, die sich beim Fußball gucken nicht auf dem Kriegspfad befindet, ergo das Spiel nicht als Kriegsspiel betrachtet, bei dem jeder, wenn er sich nicht mehr zu helfen weiß, den Gegner nach Belieben umnieten kann, sind nicht das richtige Beiwerk für ihn.
Unter solchen Voraussetzungen wollte Liebling sich die diesjährige Fußball-WM lieber gar nicht erst anschauen.
Noch nicht einmal, wenn seine Landsmänner von der Insel spielen.
Hat er aber dann doch.
Die haben sich seiner Meinung nach nicht mit Ruhm bekleckert.
Beim Drucken seiner Kommentare zu deren Leistungen würde jede Druckmaschine einen Kolbenfresser bekommen.
Vielleicht kaufe ich mir eine von diesen Vuvuzelas, übe mich in deren Handhabung und übertröte damit künftig Lieblings WM-Kommentare.
Damit ich dabei nicht selber taub werde, besorge ich mir gleich noch ein paar Vuvu-Stops und steck‘ sie mir in die Ohren. Die gibt’s ja wohl nicht bloß in Afrika.