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© Theresa Clayton 2015

 

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HAUSBANK

 

 

In den Dörfern früherer Zeiten gab es so einige Bankbesitzer.

Ihre Bänke standen neben der Haustüre oder im Vorgarten - mit freiem Blick auf die Straße.

Nach getaner Arbeit saß man dort, genoß den Feierabend, beobachtete das Geschehen auf der Straße und freute sich, wenn jemand vorbei kam, der auf ein Schwätzchen stehen blieb. So blieb man informiert über die Wichtigkeiten des dörflichen Lebens, zum Beispiel, daß Luises Mann durchgebrannt oder Paul von seinem nächtlichen Gelage mit der Schubkarre nach Haus gebracht werden mußte.

Zeitungen haben einen anderen Informations-auftrag, als den Klatsch und Tratsch aus der unmittelbaren Umgebung zu verbreiten. Deshalb wurden sie auch hauptsächlich als Einwickelpapier verwendet oder zum Feuer machen. Lokale Nachrichten, die von Interesse der Dorfgemeinschaft waren, wurden auf der Hausbank unter die Leute gebracht.

Somit war sie ein probates Mittel für die Draufsitzer, den dörflichen Informationsfluß im Gang zu halten. Nebenbei gab sie unauffällig die Gelegenheit, Fremde, die ab und an passierten, gründlichst in Augenschein zu nehmen.

 

Im Laufe der vergangenen Jahre sind Hausbänke weitgehendst aus dem örtlichen Bild verschwunden. Mit ihnen auch so mancher Kontakt.

Heutzutage kennt man sich kaum oder überhaupt nicht mehr und läuft wortlos aneinander vorbei. Das finde ich sehr traurig.

 

Eine Bank vor unserem Haus wäre, so dachte ich mir, eine gute Gelegenheit, um mit dem einen oder anderen unbekannten Nachbarn ein zartes Kontaktbändchen zu knüpfen. Leider ist bei uns nicht genug Platz für eine Bank. Nicht mal für einen Stuhl. Hinter dem Haus, wo genügend Platz wäre, kommt keiner vorbei.

Meine Nachbarin hat mir neulich erzählt, daß sie in der Straße hinter dem Friedhof seit einiger Zeit regelmäßig Freitag abends Leute sieht, die auf einer Grundstücksmauer hocken und sich mit ihren Nachbarn unterhalten. Obwohl jeder einen eigenen Vorgarten hätte.

Eine Steinmauer ist ganz schön kalt zum Sitzen. Kälter als eine Holzbank. Vielleicht sind die Leute ja noch in der Testphase um herauszufinden, ob sich das überhaupt rentiert, bevor sie sich in Unkosten stürzen und eine Bank für den Nachrichtenaustausch kaufen.

Ich bin überzeugt, daß auf dem Bauhof noch irgendwo im Lagerschuppen ein altes Wartehäuschen herumsteht. Damit der Wind sie nicht so durchpustet, könnte man es den Mauerhockern so lange hinstellen, bis die Sache mit der Hausbank geklärt ist.

 

Es ist von unser aller Interesse, diejenigen, die sich in unseren kontaktarmen Zeiten solcherart um Nachbarschaftspflege bemühen, zu unterstützt. Sehen Sie also nächstens bei Ihrem abendlichen Spaziergang mich oder andere Leute auf einem Mäuerchen oder Bänkchen vor der Haustüre, wissen Sie hoffentlich, was Sie zu tun haben.