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© Theresa Clayton 2015

 

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STROMAUSFALL

 

Ich gebe zu, daß es nur eine kurze Episode war, die Sache mit dem Stromausfall in unserem Städtchen. Das Licht flackerte kurz, dann ging es aus. Mit ihm mein Computer, an dem ich gerade an einer neuen Geschichte brütete, und der Fernseher, der Liebling über die neuesten Nachrichten informieren wollte, strich auch die Segel.

Sekunden später ging alles wieder an. Nach ein paar Minuten begann das Spiel von neuem.

Ich war in Sorge um meinen Computer, den brauche ich noch. Er tut seit mehr als 10 Jahren ohne Ausfälle bei mir seinen Dienst, und Urlaub will er überhaupt nie haben. Solche Mitarbeiter behandelt man pfleglich, obwohl sie in der heutigen Welt und nach Ansicht moderner Zeitgeister als Methusalem gelten und wegen Überalterung keine Daseinsberechtigung haben. Ich pfeife auf solche Ansichten.

Ein Blick aus dem Fenster zeigte mir große schwarze Flecken in Teilen unseres Städtchens, wo sonst abends Lichtverhältnisse herrschen, als sei der Silbermond vom Himmel gefallen und leuchtete nun verkehrt herum in den Himmel hinauf statt herunter.

 

Ich konnte mich schon gar nicht mehr erinnern, wie "dunkel" aussieht, freute mich über diesen Anblick und hoffte, er würde mir eine Weile erhalten bleiben.

Es ist schon einige Jahre her, da war alles dunkel und still, wenn man nachts aus dem Fenster geschaut hat.

Die Sterne und den Mond hat man gesehen, und die Umrisse der Bäume und Häuser in der Nachbarschaft.

Wenn wir Mädels aus der Paprikasiedlung nachts vom Tanzen nach Hause marschiert sind, hat es uns nicht schlecht gegruselt in dieser Finsternis. Die Verantwortlichen haben erst spät gemerkt, daß In unserer Ecke noch nicht mal eine Laterne stand. Im Gebüsch am Straßenrand konnte man damals so allerhand Geister vermuten.

Schaut man heute in der Nacht auf unser Städtchen herunter, liegt es vor einem wie ein Glitzermeer. Aus der Ferne kann man die Lichter der Tankstellen erkennen und die Reklame der Supermärkte, Straßenlampen und beleuchtete Schaufenster.

 

In Richtung Nachbarort steht irgendwo ein Scheinwerfer, der schickt sein grelles Licht über mehrere Kilometer direkt zu unserem Haus und blendet mich, wenn ich im Sommer abends auf dem Balkon sitze.

Wende ich meinen Blick in eine andere Richtung, so fällt er direkt auf das Gelände eines Unternehmens, welches, wie viele andere seinesgleichen, seine Produkte im Schichtbetrieb herstellt. Es hat sich herumgesprochen, daß der Mensch nicht so konstruiert ist, daß er nachts ohne Licht etwas sehen kann. Deshalb ist das komplette Firmenareal bis in den letzten Winkel ausgeleuchtet. Wir profitieren auch davon und montieren unsere Außenbeleuchtung ab.

Ein Strahler leuchtet von unten das Firmenlogo an und, der Einfachheit halber, auch gleich noch den Himmel. Die Vögel freuen sich, daß sie nicht mehr im nahen Wäldchen herumsitzen müssen, bis die Sonne endlich aufgeht. Sie können es uns Menschen gleichtun, statt zu schlafen, wofür die Nacht einst konstruiert wurde, im hell erleuchteten Nachthimmel herumstrenzen und dummes Zeug anstellen.

Die Passagiere in den Flugzeugen, die im Sternenschein unser Städtchen überqueren, zeigen mit dem Finger nach unten und rufen: "Seht mal, dort unten ist Theresas kleines Städtchen!"

Und die Milchstraße dort oben, weit über den Flugzeugen, die hat nun auch endliche eine Straßenbeleuchtung.

 

Ohne den Stromausfall hätte das Wort LICHTVERSCHMUTZUNG  für mich gar keine Bedeutung gehabt.

 

 

Lichtverschmutzung