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© Theresa Clayton 2015

 

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Sie werden in England kaum einen Menschen finden, der Sie ignoriert oder gar Ihren Gruß nicht erwidert, wenn Sie ihm begegnen.

Außer vielleicht auf dem tiefsten Land, dort soll es ziemlich knurrige Typen geben, die den Mund nicht aufkriegen.

Ich vermute, daß einige davon sich in unser Städtchen verlaufen haben.

 

Neulich nämlich kam Liebling heim von einer seiner Besorgungstouren, die ich ihm immer diktiere, damit ich mal sturmfreie Bude hab.

An der Art, wie er durch den Garten stürmte und an der Faltenlage seiner Stirn konnte ich erkennen, jetzt „hängt die Axt am Baum“.

In solchen Situationen ist es ratsam, wenn man schnurstracks das Weite sucht. Es ist nicht abzusehen, was einem blüht, auch wenn man unschuldig ist wie ein Engel im weißen Flatterhemdchen.

Als die Wogen sich wieder geglättet hatten, erklärte er mir, daß er – Kategorie „höflicher Engländer“ - alle möglichen Leute, die seinen Weg kreuzten, freundlich gegrüßt hätte. Auf deutsch und ohne Akzent. Nicht einer hätte ihm seinen Gruß abgenommen.

Man sei einfach wortlos an ihm vorbeigegangen.

 

Haben Sie schon einmal erlebt, wie hinreißend Liebling einem ein Guten Morgen um die Ohren schmettern kann?

Und da grüßt keiner zurück?

Ist Ihnen so etwas auch schon passiert? Man lächelt und wünscht jemandem einen „Guten Tag“, und der auf diese Weise Gegrüßte schaut einen an, als hätte man im Oberstübchen nicht alles auf dem rechten Platz.

Also, ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber bei mir hebt ein netter Gruß die Laune ganz ungemein.

Meistens.

 

Es muß mit den Auswirkungen des Mondes auf Ebbe und Flut zu tun haben.
Es gibt Tage, an denen ich meinen Mund nur zum Essen aufbekomme.

Damit mich keiner anspricht, spaziere ich im Wald herum.

Offensichtlich gibt es Leute, denen der Mond und Ebbe und Flut nichts anhaben können. Die rennen auch alle im Wald herum und beglücken einen völlig unnötig mit einem fröhlichen „Hallooo“ oder „Grüß Gott“!

Muß das sein?

Können die nicht einfach still an einem vorbei gehen, ohne einen solcherart anzuplärren?

 

Ab und zu trifft man aber auch mal jemanden, der mein sporadisches Leiden teilt:

Begegnet man an Mondtagen Mitmenschen, die in Hans-guck-in-die-Luft-Manier herumlaufen und keinen sehen können, oder die sich just in dem Moment zu ihren Schnürsenkeln bücken müssen, wenn jemand vorbeikommt, dann finde ich die schlichtweg angenehmer.

 

Vielleicht sollte Liebling sich einfach einen Tee kochen, wenn er mal auf Mondmuffel trifft.