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© Theresa Clayton 2015

 

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WEIHNACHTSBAUM

 

Dieses Jahr gibt es keinen Weihnachtsbaum!“ sagt Liebling.

Das sagt er jedes Jahr.

Tannenbäume gehören in den Wald und nicht in die Stube.“
Das sagt er auch jedes Jahr.

Meine Einwände, dass die geschmückten Bäume auf unserem Marktplatz bezaubernd aussähen, es wäre doch schön, wenn wir auch einen hätten, außerdem würden diese Nadelbäume speziell für Weihnachten angepflanzt und brächten von der Pflanzung bis zur Entsorgung einer nicht geringen Anzahl Menschen in Lohn und Brot, sie verhallen ungehört.

Er fühlt sich als Robin Hood der Weihnachtsbäume.

 

In seinem Heimatland erfreut man sich hauptsächlich an Kunstbäumen. Vielleicht kommt‘s ja daher.

Ungerührt läuft er vorbei an all den schönen und weniger schönen Exemplaren, die auf eine weihnachtliche Gastfamilie warten, ohne sie eines Blickes zu würdigen.

Als treue Ehefrau, die Entscheidungen ihres Ehegemahls in allen Lebenslagen mitträgt, riskiere ich höchstens mal einen kurzen Blick auf die Auswahl, wenn er es nicht merkt. J
e näher wir jedoch an die Feiertage heranrücken, desto länger bleibt mein Blick dort hängen.

Überall wurde schon fleißig dekoriert. Seit einigen Tagen hängt beim Nachbarn um die Ecke an dessen Giebelwand der Weihnachtsmann. Ganz verdreht. Wahrscheinlich wollte er, wie sein amerikanischer Kollege, hoch hinaus und hat sich bei seinem Weg zum Kamin selbst stranguliert.

Was soll man mit einem Weihnachtsbaum in der Stube, wenn sogar schon der Weihnachtsmann am Strick baumelt?“ mault Liebling.

Heimlich beginne ich, in Gedanken die Wohnzimmermöbel so herumzuschieben, dass ein Baum auch noch Platz hätte.

Ebenso heimlich entknote ich das Gehuddel in der Lichterkette, die wir im vergangenen Jahr einfach in die Kiste geworfen haben und verschiebe die Kartons mit dem Baumschmuck vom obersten Regalbrett nach weiter unten, so dass ich, wenn’s losgeht, einen schnellen Zugriff habe.

Rechtzeitig beginne ich zu lamentieren, welch ein harter Job das für den Weihnachtsbaumverkäufer sein muss - Tag für Tag draußen zu stehen und auf Kundschaft zu warten. Ohne Dach über dem Kopf – allen Wetterkapriolen ausgesetzt - der arme Kerl. Dass er außerdem einen Chef haben muß, der von dem sogenannten Fest der Liebe nicht viel Ahnung hat. Würde er nicht sonst ein kleines kuscheliges Hexenhäuschen aufstellen, das den Verkäufer schützt und wärmt, bis der nächste Kunde kommt?

Gerade hat es bei uns geklingelt. Der Nachbar fragt an, ob wir mitkommen, um im Wald einen Christbaum zu schlagen.

Raten Sie mal, wer schon im Auto sitzt und was wir dieses Jahr haben werden?