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© Theresa Clayton 2015

 

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„Otto“ der Zausel

Nicht jeder hat einen Zausel zu Hause.
Wir schon.
Alle lieben ihn.
Jeder, der in unser Haus schneite, schmiß sich zuerst in den Otto und rührte sich, bis er wieder nach Hause mußte, keinen Millimeter heraus, damit kein anderer den Platz übernahm.
Liebling und ich hatten in dieser Zeit kein Anrecht auf Zausel.
Deswegen haben wir ihn ins Schlafzimmer umgezogen. Dort haben Besucher nichts verloren.
Ich rede hier von Otto, unserem Ohrensessel.
Diesen Namen bekam er spontan, weil er so riesig ist, daß man sich darin fühlt wie in Abrahams Schoß. Und alles, was groß und rund und kuschelig und gemütlich ist, ist bei mir ein Otto.
Liebling ist auch groß und rund und kuschelig und gemütlich, aber das konnte man bei seiner Geburt noch nicht absehen, deshalb hat seine Mama ihm einen anderen Namen gegeben. Den kann man jetzt nicht einfach auf Otto ändern.

Wir hatten mal einen Goldfisch in unserem Froschloch im Garten. Der war auch so groß und rund und ausserdem sehr gemächlich.
Aber nicht kuschelig.
Wenn alle anderen Fischlein schon fleißig ihr Müsli verspeisten, das Liebling ihnen jeden Morgen reichte, kam Otto behäbig unter den Seerosenblättern hervor und peilte schielend die Lage. „Nur keine Hektik“, mag er sich gedacht haben.
Otto der Fisch ist inzwischen im Fischhimmel.
Eines Tages war er einfach nicht mehr da.
Wahrscheinlich hat ihn Mulle, unsere Katze, gefressen. Die war gelegentlich interessiert an dem, was im Teich herumschwomm.

Eigentlich wollte ich ja etwas über den Sessel schreiben, nicht über den Goldfisch.

Otto der Sessel begleitet uns schon viele Jahre. Und so sieht er auch aus.
Derart durchgesessen, daß man sich mit den Knien das Kinn anschlägt, wenn man sich unkontrolliert hineinfallen läßt.
Raus kommt man nur unter großen Anstrengungen und Verrenkungen, deswegen bleibt man ganz gerne ein bißchen länger.
Weil der Stoff so verrupft und zerrissen ist und überall die Innereien herausquellen, hat er einen Überwurf bekommen, unter dem er sich verstecken kann.

Liebling meinte, so, wie Otto sich jetzt präsentiert, könnten wir ihn mal so langsam „in die Tonne kloppen“!
Liebling weiß nicht, daß er mit solchen Äusserungen sein Leben auf‘s Spiel setzt.
Gesetzt den Fall, ER sähe eines Tages nicht mehr so präsentabel aus, würde ich ihn ja auch nicht einfach in die Tonne kloppen.
Glaub’ ich.
Manchmal, wenn ich nicht schlafen kann, weil mir irgendwelche Sorgen mein inneres System auf Trab halten und meinen Blutdruck in schwindelnde Höhen jagen, kuschel ich mich in Ottos weiche Arme, und so nach und nach beruhige ich mich wieder. Solange ich Otto habe, brauche ich auch keinen Psychiater.
Und auch deswegen bekommt er jetzt endlich eine Schönheitskur, dann ist er wieder wie neu.
Vielleicht stellen wir ihn dann wieder in die gute Stube.